Vom Denken, Wachsen und Verstehen

Nachdem ich im Laufe der Jahre durch zahlreiche Fortbildungen, Seminare und nicht zuletzt durch meine Ausbildung zum Business Coach gelernt habe, mit mehr Bewusstheit durchs Leben zu gehen, durfte ich vieles über mich und meine Mitmenschen erfahren. Und ich stellte fest: meine Mutter hatte – fast – immer recht. Sie hat mir nämlich im Laufe unserer gemeinsamen Zeit eine Menge Ratschläge erteilt, die ich damals, ehrlich gesagt, nicht wirklich hören wollte. Heute ahne ich auch, warum das so war: diese Ratschläge kamen meist als versteckte Kritik bei mir an, was über lange Strecken eine eher an Spätpubertät erinnernde Reaktion meinerseits zur Folge hatte. Nicht schön. Nicht schlau! Und doch verständlich aus meinem heutigen Blickwinkel.
Meine Mutter wollte nur das Beste für mich und aus lauter Liebe hatte sie vor, mir die Erkenntnisse aus ihren Erfahrungen mit auf den Weg zu geben in der Annahme, mich vor Schaden oder einem langwierigen wieoftwillichdennnochaufdieheißeherdplattefassen Prozess zu bewahren. Nun, wir alle wissen, dass man nur aus eigenen Erfahrungen lernen kann, wenn man denn will und dass Ratschläge eben auch Schläge sein können. Und doch hat sich das Prinzip, eigene Erfahrungen und die daraus resultierenden Erkenntnisse zu teilen, gerade auch im Generationen Dialog, nicht nur bewährt, sondern ist vielleicht auch als Geschenk zu werten, das heutzutage oftmals nicht ausreichend genug wertgeschätzt wird. 

Jedoch funktioniert das meistens gar nicht gut mit den wohl gemeinten Ratschlägen. Ich selbst fühle mich oft unwohl, wenn mein Umfeld mir so viel Gutes tun möchte und nutze bewusst die Zeit um unbemerkt Atemübungen zu machen mit dem Ziel, die Ausschüttung der Stresshormone in einem erträglichen Rahmen zu halten. Und klar war ich selbst auch nicht schlecht im Erteilen von Ratschlägen, und ich bin sicher, dass meine Gesprächspartner auch entsprechend angespannt waren.

Heute achte ich besser auf die Art der Kommunikation, fühle in mich hinein und beobachte mein Gegenüber. Macht man das eine ganze Weile kommt man automatisch zu der Einsicht, dass niemand UNGEFRAGTE Ratschläge schätzt. Es ist eine Top Übung, es auszuhalten keine Ratschläge zu geben, wo man doch sicher ist, helfen zu können auch bei dem kleinsten Alltagsproblemchen.

Je öfter es mir persönlich gelang, meine Gedanken für mich zu behalten, desto weiser fühlte ich mich – am Anfang. Mit der Zeit wich die Weisheit dem Gefühl der Unzufriedenheit, denn ich hörte den Problemen und Sorgen meiner Mitmenschen mit großer Empathie zu, war mitfühlend und verständnisvoll und hatte automatisch eine ganze Menge Lösungsansätze und Strategien im Kopf. Sie wollten raus und die Welt ein bisschen besser machen. Aber sie durften nicht.

Diese Art von Strategie führt in eine waschechte lose-lose-Situation. Beide Parteien kommen unzufrieden aus der Gesprächssituation, der eine, weil er nicht helfen darf und der andere, weil er nicht aus seinem Problembewusstsein herauskommt.

Bleibt die Frage, wie man hilfreich und unterstützend sein kann ohne mit Rat zu schlagen und wie die Botschaft entspannt und auf Augenhöhe vom Sender zum Empfänger gelangen kann?

Sicher gibt es Spezialisten, die hierfür zahlreiche Möglichkeiten anbieten. Ich persönlich finde folgende Vorgehensweise unkompliziert und immer erfolgreich:

1. Fragen stellen! Damit holst Du Deinen Gesprächspartner aus dem Problembewusstsein heraus hin zu einer Lösungssuche. Beispiel: Deine Freundin klagt: immer brennt mir das Spiegelei an. Fragen: was meinst Du, wie Du das besser machen könntest? Hattest Du Fett in der Pfanne? Hast Du die richtige Temperatur gewählt etc. Deine Freundin kommt früher oder etwas später von selbst auf die Lösung, die dann auch nachhaltig ist.

2. Gut zuhören und gezielt fragen, ob Dein Gegenüber vielleicht einen Tipp möchte. „Darf ich Dir vielleicht einen Tipp geben?“ Somit entscheidet der Gesprächspartner das selbst und das Interesse ist ein völlig anderes.

In meinen Coaching Sitzungen geht es im Prinzip um eine vergleichbare Vorgehensweise. Ich versuche, den Klienten von dem Problem weg zu einem Ziel hin zu führen, ihn mit Fragen zu leiten und beim Denken zu unterstützen. Auf die Lösung kommt er von ganz alleine. Ebenfalls nachhaltig. Unbedingt gewünscht (auch das frage ich ab) sind aber immer konkrete Tipps am Ende einer Sitzung, die den gewünschten Prozess beschleunigen können.

Das wiederum mache ich sehr gerne, da es sich eben nicht um UNGEFRAGTE Ratschläge handelt, sondern das Interesse an meiner Berufserfahrung einfach authentisch ist.

Das fühlt sich gut an! 

Karin Heinrich, 18.05.2021

Kommentare gerne an info@karinheinrich.de

search previous next tag category expand menu location phone mail time cart zoom edit close